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Die Steigerung...
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  • Donnerstag, 16. Februar 2012

    Ratten und Taxifahrer

    Der Sinn des Lebens


    Seit ein paar Tagen hat bei mir auf dem Fensterbrett, zwischen Fensterleibung und dem grünen Schirm der Bankers Lamp, eine nur 2 mm kleine Spinne ihr Netz gespannt.
    Es hat etwa die Ausmaße einer großen geballten Männerfaust und sieht aus wie der Seilzirkus in Planten und Blomen. Ziemlich chaotisch jedenfalls.
    Dort hockt nun das kleine Spinnentier mittendrin und wartet auf Beute. Anfangs hatte ich überlegt das Ganze zu entfernen, wie es sich für einen ordentlichen Haushalt gehört.
    Doch ich entschied mich anders; Nein, nicht etwa aus Mitleid, sondern eher aus Respekt und Ehrfurcht vor dieser unglaublichen Leistung eine Falle zu bauen, die bestimmt
    100 mal so groß ist wie sein Erbauer. Dieser gleichmütig-stoische Optimismus, ein Unternehmen zu starten, das kaum Aussicht auf Erfolg hat, beeindruckt mich irgendwie.
    Die Wahrscheinlichkeit hier eine auch nur winzige Fruchtfliege zu fangen mitten im Winter, dürfte fast Null sein.
    Leben an der Grenze des Existenzminimums.


    Einen Moment lang dachte ich an mich selbst und mein Taxifahrer-Dasein, aber das schien mir dann doch etwas zu abgehoben, und ausserdem geht's mir dagegen Doch
    vergleichsweise gold. Auch macht sich die Spinne vermutlich weniger Sorgen darüber was Morgen wird, als ich. Dieses Wesen wird eher gar nicht anders können,
    als das tun, was ihm in die Gene geschrieben ist. Mit Willen und Überlegung, auch Optimismus hat das nichts zu tun. Nicht mal mit Verzweiflung oder Hoffnung. Man weiss ja
    von Menschen - Marathon Läufern etwa - die große Strapazen auf sich nehmen eine Aufgabe zu bewältigen, ein Ziel zu erreichen; Dass die größte Herausforderung darin besteht
    sich selbst zu besiegen. Tage später meistens ist nicht mehr das Band, die Urkunde, der 1. Platz das Wichtigste, sondern die vollbrachte Leistung, die Überwindung gegen den
    Schmerz, die Pein. Das ist die eigentliche Herausforderung. Quasi der Weg ist das Ziel.


    Unser Spinnlein hier hat das alles hinter sich, es ist am Ziel und das Warten ist sein täglich Brot. Nur ohne 'Brot', also Fliege in unserem Fall. Überleben, darauf ist das ganze
    Tier getrimmt. Da ist nichts Überflüssiges dran: Kein Körperschmuck, der nicht irgendeinem Zweck dienen würde. Keine Kopfbehaarung, die nur Friseuren nützt.
    Kein gesponnener Faden, an welchem ein Schnörkel, gar eine Schleife, ein blauer Faden vielleicht oder ein paar Troddel hängen würden. Oder einer an dem man einfach nur
    mal so abhängen kann und 3 von den 8 Beinen baumeln lassen. Das Ganze Wesen und sein Tun ist purer Zweck: Überleben. Leben.


    Da fragt sich der Mensch so oft und seit Jahrtausenden, was der Zweck seines Lebens sei. Er fragt nicht nur sich, er befragt auch die Sterne, fliegt zum Mond und schaut ins
    Innerste der Atome hinein um das Leben nach seinem Sinn zu hinterfragen. Sucht den Zusammenhang um das Ganze zu verstehen. Dabei entdeckt er allerlei Nützliches,
    Gefährliches, Erstaunliches und Wunderliches.
    Manch einer glaubt dabei den Sinn des Lebens entdeckt, und die Lösung auf alle Fragen zu haben. Das kann dann soweit gehen, das er alle Mitmenschen zwangsbeglücken
    muß: "Du mußt eine rote Pappnase im Gesicht tragen, um dreiviertelzehn das kleine Einmaleins aufsagen und und dabei dreimal gen Osten auf den Boden spucken".
    Erst so wird der Mensch zum Menschen und verdient einen Platz im Paradies.


    Na ja, möglicherweise verachtet mich die Spinne auch, weil ich nicht so ein kunstvolles Netz bauen kann und so viel Ausdauer habe wie sie. Hingegen täte ich ihr was erzählen,
    wie bescheuert man sein muß, mitten im Winter (auch wenn das Plätzchen schön hell und warm ist) an meinem Schlafzimmerfenster auf Beute zu hoffen. Zumal ich keine
    vergammelten Kartoffeln oder faules Obst im Korb liegen habe. Ich überlege ernsthaft ihr den Gefallen zu tun und eine verschrumpelte Kartoffel neben das Netz zu legen.
    Vielleicht entwickelt sich ja doch noch eine Obstfliegenlarve darinnen und verfängt sich in ihrem Netz.


    Aus buddhistischer Sicht gesehen, verhelfe ich ihr damit möglicherweise in eine höhere Inkarnation in ihrer nächsten Existenz
    und bewahre mich selbst vor dem Rückfall in eine niedrigere.
    Gilt 'leben und leben lassen' gleichviel wie 'sterben und sterben lassen'?
    Aber ich schweife ab. Kurzgeschlossenes Fazit der kleinen Betrachtung:
    Was ist der Sinn des Lebens? Leben!

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